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Mit der Kombination von Solar, Wind, Batterien und Wasserstoff zur Klimaneutralität – #Zukunftsenergie Energiesystemanalyse

Das Wissenschaftsjahr 2025 – Zukunftsenergie des Bundesministeriums für Bildung, Forschung, Technologie und Raumfahrt widmet sich den Lösungen und Ideen der Energieforschung. Für uns am größten Forschungsinstitut für Solarenergie in Europa gehört das seit 1981 zu unserer DNA. Deshalb haben wir unsere Kolleginnen und Kollegen gefragt, welche #Zukunftsenergie eine besondere Rolle in ihrem Arbeitsalltag spielt. In dieser Blogserie stellen wir unsere Forschenden, ihre Projekte und ihren persönlichen Blick auf Energie und die Energiewende vor.

Dr. Charlotte Senkpiel forscht zur Transformation des Energiesystems für die Erreichung von Klimaneutralität bis zum Jahr 2045. Dabei betrachtet sie unterschiedliche Ebenen: von der Klimapolitik zur Analyse von kostenoptimalen Transformationsszenarien auf nationaler Ebene bis hin zu dezentralen Energiesystemen.


Dr. Charlotte Senkpiel
Senior Scientist am Fraunhofer ISE


Für welche Zukunftstechnologie kannst du dich begeistern? Warum?

Ich kann mich für viele Zukunftstechnologien begeistern, insbesondere für deren Kombination, durch die wir unser gesamtes Energiesystem klimaneutral gestalten können. Ich finde es faszinierend, dass wir unseren zukünftigen Energiebedarf nicht mehr mit fossilen Energieträgern, sondern direkt oder indirekt zum Großteil aus Solarenergie und Windkraft decken können. Durch die Kombination aus Umweltwärme und erneuerbarem Strom können wir zukünftig Wärmebedarfe auf unterschiedlichen Temperaturniveaus im Haushalt direkt, in der Fernwärme aber auch für industrielle Prozesswärme decken. Die Kombination der Technologien sowie die Flexibilisierung von Erzeugung und Verbrauch kann uns als Gesellschaft dem Ziel der Klimaneutralität näherbringen. Wie das für Deutschland funktionieren kann, zeigen wir in unserer Studie »Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem«. Durch die Szenarien »Technologieoffen«, »Beharrung«, »Effizienz« und »Robust« können wir den Einfluss unterschiedlicher Verhaltensweisen, aber auch geopolitische und klimatische Veränderungen, die die kostenoptimale Transformation des Energiesystems und die damit verbundenen Kosten betreffen, bewerten.

Du bist Leiterin des Forschungsprojekts »SOUVERÄN«. Welchen Beitrag leistet das Projekt im Hinblick auf Zukunftsenergien?

Auch wenn viel Forschung im Bereich der Zukunftsenergien in Europa passiert, wie zum Beispiel bei uns am ISE, sind wir doch in hohem Maße abhängig von Technologieimporten. So wird der Großteil an PV-Modulen und Batterien aus China importiert. Die EU hat mit dem Net-Zero Industrial Act (NZIA) das Ziel formuliert bis 2030 mindestens 40% des Bedarfs der Solar, Wind, Batterie und Elektrolysetechnologien in Europa zu produzieren. Im Forschungsprojekt »SOUVERÄN« schauen wir uns die aktuellen Lieferketten dieser vier Zukunftstechnologien näher an und entwickeln zukünftige Szenarien, die die Kreislaufwirtschaftspotenziale der Technologien berücksichtigen und Versorgungsrisiken weitestgehend minimieren. Dabei werden wir uns zusammen mit unseren Partnern verschiedene Kriterien, wie z. B. die Materialkritikalität, geopolitische Risken sowie Standortfaktoren von Herstellern anschauen. Mit unserem Energiesystemmodell REMod wollen wir Transformationspfade berechnen, die zukünftige Lieferketten der Technologien abdecken. Hierbei werden wir Szenarien betrachten, die unter anderem die Wiederansiedlung der Technologieproduktion berücksichtigen sowie ein Standortbewertungstool für Unternehmen entwickeln.

Aktuell werden Technologien wie PV-Module vorwiegend außerhalb der EU hergestellt. Eine Wiederansiedlung von Produzenten in Europa würde Versorgungsrisiken verringern. © tanaonte / by-studio – stock.adobe.com

 Warum hast du dich für die Energieforschung entschieden?

Nachhaltiges Handeln ist für mich ein zentraler Wert. Daher habe ich mich nach der Schule für das Studium von Energie- und Umweltmanagement in Flensburg entschieden. Um auch den gesellschaftlichen Kontext und das Entscheidungsverhalten von Akteuren zu berücksichtigen, habe ich zum Thema der Kopplung von sozialwissenschaftlichen Faktoren in die Energiesystemmodellierung an der Uni Freiburg promoviert. Bis heute zeigt sich, dass das Feld der Forschung in diesem Bereich höchst spannend ist, da wir uns als Gesellschaft mitten in der Transformation unseres Energiesystems befinden. Während die große Frage »Wie können wir Klimaneutralität erreichen?« immer noch aktuell ist, ergeben sich zusätzlich ständig neue spannende Forschungsfelder und Detailfragen, sodass der Forschungsalltag nie langweilig wird. Ich habe das Gefühl, mit meiner Forschung am ISE einen Beitrag für die Transformation zu einem klimaneutralen Energiesystem leisten zu können.

Welche Fake News zur Energiewende ärgert dich am meisten? 

Der sogenannte „Heizungshammer“ war schon ein ziemlicher Hammer für mich. Letztlich sollte das Gebäudeenergiegesetz zusammen mit der kommunalen Wärmeplanung und sozial gestaffelten Förderprogrammen die Verbraucherinnen und Verbraucher vor kommenden steigenden CO2 Preisen und Fehlinvestitionen schützen. Unsere technologieoffenen Zielszenarien kommen schon seit langem zu dem Ergebnis, dass die Wärmepumpe gemeinsam mit dekarbonisierter Fernwärme als zentrale zukünftige Heiztechnologien gefördert werden sollten, um Klimaneutralität zu erreichen. Biogene Energieträger und synthetische Energieträger wie Wasserstoff werden nur begrenzt zur Verfügung stehen und bei einer sinnvollen Verteilung insbesondere in der Industrie und im Verkehrssektor (LKW, Flug- und Schifffahrt) zum Einsatz kommen. Bis zum Jahr 2045 sind es gerade noch 20 Jahre, was etwa der Lebensdauer einer Heizung entspricht. Daher finde ich die Debatten, die nur vordergründig mit dem Verweis auf „Technologieoffenheit“ geführt werden eher schwierig, da sie vor allem eins schaffen: Unsicherheit in der Bevölkerung.

Wärmpepumpen sind, laut Analysen des Fraunhofer ISE, gemeinsam mit Fernwärme zentral für klimaneutrales Heizen. ©AlexGo – stock.adobe.com

Was gibt dir persönlich Energie?

Im Mai 2025 wurden 9,8 TWh Solarstrom in das öffentliche Stromnetz eingespeist. So viel wie nie zuvor. Im Jahr 2024 betrug der Anteil erneuerbarer Energien 62,7% im Strommix. Auch dies ein Rekord. Die Treibhausgasemissionen gehen merklich zurück. Nachrichten dieser Art geben mir Hoffnung und Energie. So sind wir auf dem richtigen Weg, wenngleich noch einige spannende Herausforderungen auf uns warten.  

Titelbild: © vegefox.com – stock.adobe.com / Anpassungen: Fraunhofer ISE

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